Klanginstallation von Martin Donner, Christoph Maurer, Oswald Bertold und Christian Ollmann
Museum für Kommunikation Berlin, Vernissage: 31.10.2006.

Die Installation »Raum/Zeit« ist ein interaktives akustisches System mit räumlichem und zeitlichem Gedächtnis, das die Besucherinnen und Besucher zum Teil einer gemeinsamen musikalischen Komposition werden lässt.

Die Installation reflektiert das Verhalten der Besucher akustisch. Sie lädt dazu ein, die analytischen Fähigkeiten des Hörsinns zu erkunden und legt zugleich das aktive, prozesshafte und diskretisierende Moment digitaler Medientechnologien offen, dem unsere Sinne täglich ausgesetzt sind.

Die Installation besteht aus sechzehn Bewegungsmeldern, die jeweils gepaart mit einer Lautsprecherbox entlang der Vorderseite des Museums angebracht sind. Wird an einem der Melder eine Bewegung registriert, so ertönt ein perkussiver, glöckchenartiger Klang mit einem dem Melder zugewiesenen tonalen Spektrum. Bewegung im Raum wird so in diskrete Signale verwandelt, die wiederum als analoge, akustische Schwingungen wahrnehmbar werden.

Die Wiedergabe des Klangs erfolgt über alle sechzehn an der Hausfront angebrachten Lautsprecherboxen, wobei das Mischverhältnis von Originalklang zu künstlich erzeugtem Raumklang (Hall, Echo) an jedem der Lautsprecher abhängig von seiner räumlichen Distanz zum ausgelösten Bewegungsmelder dynamisch berechnet wird. Je weiter eine Hörposition von einer registrierten Bewegung entfernt ist, desto weiter entfernt bzw. verhallter wird der Klang wiedergegeben. Auf diese Weise wird das räumliche Verhältnis zwischen der eigenen Hörposition und dem ausgelöstem Bewegungsmelder abgebildet und es entsteht ein virtueller, sich am Haus entlang erstreckender akustischer Raum, der es erlaubt, auch um die Hausecke herum mittels eigener Bewegungen mit anderen akustisch zu kommunizieren und gemeinsam zu musizieren.

Das Systemgedächtnis besteht aus der aktuell gemessenen Zeit, die von einem Bewegungsmelder zum nächsten benötigt wurde, wenn man am Haus entlang geht. Aus ihr generiert sich die Verzögerungsdauer einer Reihe von immer leiser werdenden Echos. Je nach Anzahl und Bewegungsverhalten der Besucher entstehen so komplexe polyrhythmische und melodische Strukturen, die an jedem Lautsprecher der individuellen Hörposition entsprechend in einem anderen räumlichen Verhältnis zueinander wiedergegeben werden. Je gleichmäßiger sich die Besucher am Museum entlang bewegen, desto berechenbarer wird die Komposition.

Akteure sind jedoch nicht nur die Passantinnen und Passanten, sondern mithin die gesamte Umwelt im Bereich der Bewegungsmelder sowie das technische System selbst: Vögel, Autos, Messfehler, Kanalrauschen, aufgewirbelte Blätter oder Müll – aufgrund der Unvorhersagbarkeit des Geschehens bleibt der Kompositionsprozess stets offen und ein beständiges Werden, das zu immer neuen Erkundungsgängen einlädt.

www.mfk-berlin.de - Christoph Maurer - Oswald Bertold - Christian Ollmann